Verkehrspolitisches Forum mit Peter Buchner (Berliner S-Bahn)

Diejenigen unter Ihnen, die sich schon einmal mit Marketing beschäftigen mussten oder durften, kennen ganz sicher den "USP". Ausgeschrieben bedeutet das "unique selling proposition" oder auf Deutsch "Alleinstellungsmerkmal". Und um ein solches handelt es sich ganz sicher beim S-Bahn-Werk Schöneweide, früher als Hauptwerkstatt bezeichnet, denn niemand sonst in Deutschland kann die Berliner S-Bahnbaureihen 480, 481, 485 sowie zukünftig auch 483/484 warten und instandhalten. Weil es die systembedingt eben nur in Berlin gibt.

Die Geschichte des Werkes reicht bis 1927 zurück, denn zeitglich mit der "großen Elektrisierung" der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen wurde das Werk errichtet, um die in großen Zahlen ab 1928 zulaufenden S-Bahnwagen der Baureihe ET 165 (später 275/475), die sog. "Stadtbahner", instand zu halten. Übrigens eine Baureihe, deren letzte Vertreter bis 1997 in Betrieb waren, also annähernd 70 Jahre!

Sollte sich der Berliner Senat tatsächlich dafür entscheiden, die Teilnetze "Nord-Süd" und "Stadtbahn" an andere Betreiber zu vergeben, das System S-Bahn also auseinanderzureißen, dann könnten über dem Werk auch dunkle Wolken aufziehen, denn, so war und ist zu hören, man möchte eine neue S-Bahn-Werkstatt im Nordosten bauen, um sich von der Deutschen Bahn unabhängig zu machen. Wir hatten uns bereits an anderer Stelle gegenüber diesen Plänen positioniert und fragten auch, ob das der richtige Umgang mit Berlins größtem Arbeitgeber ist.

Aber so weit war es noch nicht und wir freuten uns umso mehr, dass es sich S-Bahnchef Peter Buchner und Werkleiter Dr. Martin Aurich nicht nehmen ließen, uns das Werk zu zeigen und auch in der altbewährten Weise für Fragen und konstruktive Kritik zur Verfügung standen. Bei dem Rundgang sahen wir auch die ersten Exemplare der in Modernisierung befindlichen BR 481.

Am 21.11.2019 um 18:00h trafen wir uns vor dem Haupteingang des S-Bahn Werks am Adlergestell 143, 12439 Berlin. Und wer wollte, konnte auch mit uns zusammen um 17:30h als "geführte Wanderung" vom S-Bahnhof Betriebsbahnhof Schöneweide laufen.


Verkehrspolitische Rundfahrt mit Uwe Kutscher und erstmalig mit Jens Wieseke (Berliner Fahrgastverband)

Nachdem wir uns im Mai mit den Autobahnplanungen der 50er und 60er Jahre des vorherigen Jahrhunderts beschäftigt hatten, wollten wir bei unserer letzten Busrundfahrt des Jahres nochmals einen Blick auf die U-Bahn-Planungen jener Zeit werfen. Der sog. "200-km-Plan" wurde im Laufe der Zeit immer wieder modifiziert, aber eines war allen Versionen gemeinsam: groß waren die Ideen damals! Mit der U3 oder U10 nach Weißensee und Karow bzw. Falkenberg, eine neue U11 von der City nach Marzahn, die U9 nach Lankwitz oder die Erschließung der Spandauer Großsiedlungen mit (heutiger) U2 und/oder U7.

Nun ist es politischer Wille des aktuellen Senats, die U-Bahn nicht auszubauen und stattdessen auf die Straßenbahn zu setzen. Dies ist an vielen Stellen sicher auch richtig: eine moderne Stadtbahn, die auf eigener Trasse durch die Stadt kommt und sich auch architektonisch bzw. gestalterisch in das Stadtbild einfügt. Dazu gibt es weltweit inzwischen eine Menge Beispiele, wo dies sehr gut gelungen ist. Ob und inwieweit eine Straßenbahn ihre Vorteile in der City einer Millionenstadt ausspielen kann, liegt sicher auch daran, ob man es politisch durchzusetzen vermag, die Raumaufteilung der einzelnen Verkehre neu zu definieren. Denken Sie nur, um ein Beispiel zu nennen, an den Straßenzug Potsdamer Str./Hauptstr./Rheinstr., wo dereinst die Straßenbahn den M48 ersetzen und nach Rathaus Steglitz rollen soll.

Und dennoch gibt es Beispiele, wo sich eine U-Bahn-Verlängerung aufdrängt. Das prominenteste Beispiel ist sicher die Verlängerung der U7 zum neuen Flughafen. Wie oft mag sich der eine oder andere Fluggast in Tegel geärgert haben, dass die U-Bahn dorthin niemals verlängert wurde, wenn er im vollen TXL, X9, 109 oder 128er Bus einen Stehplatz mit Koffer "ergattert" hatte. Und natürlich wird niemand von Spandau nach Schönefeld die U7 nehmen. Aber für Neuköllner, Tempelhofer, Treptower mag das schon wieder anders aussehen. Oder die U3 nach Mexikoplatz? Sicher nicht die wichtigste Maßnahme, aber eine, die man mit vergleichsweise kleinem Aufwand und einiger Netzwirkung (umsteigen am Mexikoplatz zwischen S1 und U3) realisieren könnte.

Dieses und andere Beispiele schilderte uns Uwe Kutscher auf unserer Busrundfahrt am 26.09.2019 aus Sicht der BVG. Und es gab noch eine Premiere beim VIV: Jens Wieseke vom Berliner Fahrgastverband ergänzte dies aus Sicht des Fahrgastverbands.