Ein Zwischenruf zum E-Bus
Nach den Plänen des Senats soll die Busflotte der BVG in zehn Jahren, 2030, komplett elektrifiziert sein. Da ein Bus in Berlin üblicherweise rund zwölf Jahre bis zu seiner Abstellung in Betrieb ist, manche auch deutlich länger, müssen zum Beispiel die gerade in Auslieferung befindlichen Eindecker und Gelenkbusse eines großen süddeutschen Herstellers 2030 vor Ende der üblichen Nutzungszeit abgestellt werden. Möglicherweise ist das mit dem Hersteller auch so verabredet. In jedem Falle werden diese Busse dereinst historisch sein, denn es müssten die letzten mit Dieselantrieb gelieferten Fahrzeuge sein. Es sei denn, man beschafft auch in den kommenden Jahren Fahrzeuge mit konventioneller Antriebstechnik, was aber im Umkehrschluss bedeuten muss, dass zu einem Zeitpunkt X eine große Austauschaktion stattfinden wird.
Nun ist es immer gut, sich Ziele zu setzen und es ist auch keine Schande, ein Ziel nicht oder nicht vollumfänglich zu erreichen. Was aber schon interessant wäre, wie der Weg zu diesem Ziel beschrieben werden soll! Hier lässt uns der Senat leider im Unklaren.
Ob die BVG mehr Informationen hat?
Nach derzeitigem Stand der Technik hat ein Batteriebus, der nachts auf dem Betriebshof aufgeladen wird, nicht die notwendige Tagesreichweite. Er muss also im Laufe des Tages durch einen anderen Bus ersetzt werden. Dies kostet Kapital (Mehrbedarf an Fahrzeugen) und Personal (Mehrbedarf an Fahrenden). Dazu kommt, dass die BVG in den letzten Jahrzehnten Betriebshöfe aufgegeben hat, die heute schmerzlich vermisst werden. So bedeutet die Aufgabe des Hofes Zehlendorf, dass Fahrzeuge vom Hof Cicerostraße in Wilmersdorf teils sehr lange Anfahrtswege und damit Leerfahrten haben, ehe sie ihre Linie überhaupt erreichen. In anderen Stadteilen ist das sicher nicht anders.
Was also tun?
Das Zauberwort heißt „Streckenlader“, was in verschiedenen Formen denkbar ist. So geistert das Spandauer „O-Bus-Netz“ durch die Gazetten. Zunächst sollen Teile des Brunsbütteler Damms mit einer Oberleitung versehen werden. Dort verkehrt die stark frequentierte Linie M32, die dann mit (Doppel-)Gelenkbussen betrieben werden soll. Nur: Warum dann nicht gleich eine Straßenbahn, die für eine mittlere Großstadt wie Spandau und der vorhandenen Struktur mit Ausrichtung auf den Verkehrsknoten Rathaus Spandau sowieso das Mittel der Wahl wäre?
„Streckenlader“ sind auch die neuen Fahrzeuge, die für die Linie 200 vorgesehen sind. An den Endstellen sind Ladepunkte installiert worden und mittels eines Pantographen wird der Akku in der Pausenzeit geladen. Vorteilhaft ist sicher, dass die Akkus kleiner dimensioniert werden können, was Gewicht spart und das Fahrzeug wirtschaftlicher macht. Möglicherweise ist das das Mittel der Wahl zur Elektrifizierung der Busflotte in einem halbwegs überschaubaren Zeitraum. Dies bedeutet aber auch, dass relativ zügig diese Einrichtungen an Bus-Knotenpunkten erstellt werden müssen: U-Bahnhof Tegel, S-Bahnhof Marzahn, Bahnhof Wannsee, Rathaus Steglitz, Rathaus Spandau, Bahnhof Schöneweide, Hertzallee, U-Bahnhof Rudow, um nur einige Beispiele zu nennen. Alles sicher machbar, aber nicht mit dem üblichen Berliner Tempo. Und das sollte dann natürlich auch mit den Ausbauplanungen der Berliner Straßenbahn koordiniert werden.
Zum guten Schluss noch die Frage,
was eigentlich mit „dem“ Traditionsbus Berlins, dem Doppeldecker, werden soll? Von den gut 400 Exemplaren des gegenwärtigen Typs DL sind unserer Kenntnis nach nur noch knapp die Hälfte im Einsatz und es werden laufend weniger, weil die Busse trotz Laufzeitverlängerung „durch“ sind (Baujahre 2005-2009). Viele sind bereits verschrottet oder aus verschiedenen Gründen nicht einsatzfähig. Die beiden Prototypen des neuen Typs sollen wohl im Spätsommer bei der BVG eintreffen. Üblicherweise schließt sich dann eine längere Testphase an, bei der Erkenntnisse für die Serie gewonnen werden. Es wird also eine ganze Weile dauern, bis Neu-Fahrzeuge in größerem Umfang (und die dann elektrisch angetrieben?) eintreffen werden. Es ist also nicht ganz ausgeschlossen, dass es erstmals in der langen Geschichte des Berliner Omnibusverkehrs eine Phase geben wird, in der keine Doppelstockautobusse verkehren. Oder ist das Ende dieses Bus-Typs in Berlin bereits eingeleitet?