VIV-Shortcut 2: Over the bridge, Flughafen Tempelhof, Sommerstraße und Verkehrspolitik im Wahlkampf
„Wir geben bekannt“ steht über den teils großformatigen Anzeigen der Senatsverkehrsverwaltung (wir kürzen die korrekte Bezeichnung einfach mal ab), wenn Planfeststellungsunterlagen ausgelegt werden. An was erinnert das nur? An Obrigkeiten?
Der Denkmalschutz wird mit Abriss eingeleitet. „Over the bridge“ hieß es oftmals im Funk, wenn die PilotInnen die Anweisung vom Tower erhielten, das Tegeler Terminal „hintenrum“, also über die Zufahrtsstraße von der Autobahn, zu umrunden. Nun wurde die Brücke abgerissen. War es nicht so, dass der Flughafen Tegel ein unter Denkmalschutz stehendes Gesamtensemble ist, das von dem kürzlich verstorbenen Meinhard von Gerkan bis in das letzte Detail mit wiederkehrenden geometrischen Formen und Figuren gestaltet wurde? Selbst die Fußgängertunnel unter der Brücke wiesen diese Formensprache auf.
Apropos Meinhard von Gerkan, der auch den Berliner Hauptbahnhof entwarf: wir haben im Tagesspiegel schon lange nichts mehr über das fehlende Bahnsteigdach gelesen, das die Passagiere der 1. Klasse im Regen stehen lasse (außer bei geänderter Wagenreihung natürlich). „kt“, übernehmen Sie! Und alles Gute zum bevorstehenden runden Geburtstag.
Zurück zu alten Flughäfen: In diesem Jahr wird der Flughafen Tempelhof (Sie wissen schon: „die Mutter aller …“) 15 Jahre geschlossen sein. Abseits der Freifläche: Was wird aus der Immobilie und dem Flugsteig? Ein „zweites ICC“? Ein „so da“-Bauwerk? Warum ist das Alliiertenmuseum noch immer nicht umgezogen? Warum findet sich dort nicht längst die Luftfahrtabteilung des Technikmuseums? Wir wissen es nicht. Aber: Party und Event gehen immer!
Sommerstraßen plant der aktuelle Senat – Nebenstraßen(abschnitte) sollen von Mai bis Oktober für den Autoverkehr gesperrt werden. Kann man machen. Man kann aber auch endlich mal U-Bahn-, Straßenbahn- und S-Bahnstrecken aus- und neu bauen. Geht übrigens auch ganz schnell mit kleineren Maßnahmen: Busspuren, Ampelbevorrechtigungen für Bus und Straßenbahn (re)aktivieren. Das würde schon mal helfen.
Fällt uns was zur Friedrichstraße ein? Dröhnendes Schweigen.
Am 27. Januar machten die GRÜNEN eine Veranstaltung zur Verkehrswende in Berlin und Brandenburg. Veranstaltungsort war der „Weiße Elefant“. Passt irgendwie. Sofern man einen Pop-Up-Radweg nicht schon als Verkehrswende definiert.
Ach ja, noch ist Wahlkampf. Ja, auf ein Plakat muss ein knackiger Slogan. Aber gibt es zur Verkehrspolitik einer Volkspartei wirklich nichts Kreativeres als „Berlin, lass dir das Auto nicht verbieten“?
Bahnhof Griebnitzsee, „Der Zug S7 nach Ahrensfelde, Abfahrt 9:07 Uhr, verspätet sich um wenige Minuten“. Aus wenigen Minuten werden fünfzehn. Die meisten FahrgastanwärterInnen nehmen es regungslos hin, nur wenige murren. Eine Dame, tägliche Pendlerin, sagt: „Ich habe es so satt. Ich will kein billiges oder kostenloses Ticket, ich will pünktliche und zuverlässige Züge.“
Für eine pünktlichere und zuverlässigere S-Bahn braucht es auf den betreffenden Außenästen auch (wieder!) das zweite Gleis. Aber bis es soweit ist, lassen wir uns das Auto nicht verbieten … Das meint nicht, dass wir nun alle im Auto sitzen sollen, sondern dass Verkehrspolitik leider so oft am Fahrgastnutzen vorbei plant. Klar, ein rotes Band einer Neubaustrecke durchzuschneiden, ist ja auch schöner als ein schnödes, zweites Gleis in Betrieb zu nehmen.
Apropos „Verkehrspolitik im Wahlkampf“: Sind Sie auch erschüttert? Da wird schwarz-weiß gemalt (das Nicht-Verbieten hatten wir schon), ein paar Hundert Meter Straße ad hoc gesperrt, eine Milliarden-U- Bahn für Schönefeld geplant oder auch eine zum Fort Hahneberg in Staaken. Alles wird grundsätzlich, da werden wahlweise Rad- oder Autofahrende schikaniert und drangsaliert, eben „schwarz“ oder „weiß“. Was man feststellen muss: der ÖPNV und seine Fahrgäste kommen mehr und mehr nicht vor. Verkehrswende wird reduziert auf „Auto“ versus „Fahrrad“. Keine gute Entwicklung.
Und wir müssen uns korrigieren: im letzten „Zwischenruf“ zur Stammbahn sprachen wir von „der“ Bürgerinitiative. Das war falsch. Richtig wäre gewesen „eine“ Bürgerinitiative. Denn es gibt natürlich noch die „BI Stammbahn“, die sich seit langer Zeit für den Wiederaufbau der historischen Strecke einsetzt. Entschuldigung!
Die andere Bürgerinitiative schrieb uns: „Schämt Euch!“. Wofür eigentlich?
Und am Ende noch was Nettes: „Willkommen in der RB23 auf der Fahrt zum Fluchhafen über Charlottenburch, Zoo, Hauptbahnhof, Alex, Ostkreuz zum Fluchhafen. Und fünf Minuten ham’wa ooch schon auf der Uhr.“ Sehr schön.