„Berlin, nun freue dich!“ – Ein Zwischenruf zur U5

Euphorie bei der BVG, in der Politik, auch bei der Bahn, die ihren Hauptbahnhof besser erreichbar sieht und die neue Strecke als redundante Infrastruktur, falls es auf dem zentralen Abschnitt der Stadtbahn mal Probleme oder Baustellen gibt. Kritiker könnten sagen: „Parallelverkehr“. Aber der Freitag war ein Tag der guten Laune, da wurde Berlins „Wiedervereinigung vollendet“ und Berlin zeige, dass man in Deutschland auch Großprojekte im Zeit- und Kostenrahmen realisieren könne. Es war also ein Tag der großen Worte Offizieller und vielleicht ist es auch so, dass man sich in dieser zurückgenommenen Zeit mal nach positiven Nachrichten sehnt.

Auch getwittert wurde, was das Zeug hielt. Da schrieb zum Beispiel der verkehrspolitische Sprecher einer Regierungspartei, die neue U5 sei Ausweis guter Verkehrspolitik und zeuge von der Verkehrswende. Hoffen wir mal, dass solch eine Aussage allein dem beginnenden Wahlkampf geschuldet ist.

Man ist sicher kein „Miesepeter“, wenn man auf Jahrzehnte Planungs- und Bauzeit, auch politisch bedingt, und jetzt reichlich 500 Mio. Euro (die bisherige U55 kommt noch „on top“) für gut 2 km neue U-Bahn hinweist. Das ist keine geringe Summe, die U-Bahn-Kritiker sofort zu der Frage führen wird: „Was hätte man dafür nicht alles bauen können?“ Das mag sein, aber nachdem die Entscheidung einmal gefallen war, ist es sicher richtig, die Strecke auch zu einem guten Ende gebracht zu haben, anstatt eine Bauruine im Untergrund zu belassen. Ob es die drängendste U-Bahn-Verlängerung war, mag man bezweifeln. Und der Nutzen-Kosten-Faktor dieser Investitionsmaßnahme wird durch den politischen Verzicht auf die Verlängerung nach Moabit nicht besser.

Nun ist sie aber da und wird mit Sicherheit auch ihre Fahrgäste finden, der neue Umsteigebahnhof „Unter den Linden“ (der zweite Bahnhof mit diesem Namen) zwischen U5 und U6 sicher ein Erfolg. Sie wird hoffentlich auch dem etwas darbenden Boulevard Unter den Linden sowie auch der Friedrichstraße zu mehr Leben verhelfen. Und, trotz aller Kosten, ist es sicher auch gut, dass die neuen Stationen ihrer Lage in der Stadt entsprechend repräsentativ und nicht nur zweckmäßig (das neue Terminal 2 in „hochwertiger Industriebauweise“ am BER lässt grüßen) gestaltet sind. Hoffen wir, dass sie der rauen Berliner Wirklichkeit dauerhaft standhalten und auch in drei, vier, fünf Jahren der Stadt noch zur Zierde gereichen.

Und wenn die Euphorie verflogen ist, alle feststellen werden, dass die zukünftigen Haushalte Träume nicht (mehr) werden finanzieren können, dann wird es Zeit, sich mit guter Verkehrspolitik zu beschäftigen. Zum Beispiel, die einzelnen Verkehrsträger da einzusetzen, wo sie ihre Stärken haben. Das kann mal die U-Bahn sein (auch wenn die bauliche Sanierung des Netzes in den kommenden Dekaden im Vordergrund stehen wird, ebenso der technische Nachholbedarf), aber oft auch die Straßenbahn, die, auf eigener Trasse, schnell ist und in Bau und Betrieb eben deutlich kostengünstiger. Warum, nur ein Beispiel, gibt es kein vordringliches Pilotprojekt für ein richtiges „Netz Spandau“? Eine mittlere Großstadt mit Pendlerproblemen, einem überlasteten Busnetz und Ausrichtung auf den zentralen Umsteigeknoten „Bahnhof/Rathaus Spandau“. Dort wäre natürlich die zentrale Schnittstelle, aber für den Norden Spandaus vielleicht auch am Ende der Siemensbahn – in Gartenfeld. Und wer in Generationen denkt, sieht dann vielleicht auch ein Spandauer und Potsdamer Netz verbunden.

Im Hier und Heute freuen wir uns aber erstmal und wünschen der U5 und ihren Fahrgästen jederzeit gute und unfallfreie Fahrt!

Freundliche Grüße
Michael Rothe