Ein Zwischenruf zum Kurzstreckenluftverkehr – Der weite Weg zum Klimaschutz

Man muss kein Gegner der Luftfahrt sein, um anzuerkennen, dass das Überwinden relativ kleiner Distanzen mit der Bahn anstatt dem Flugzeug der bessere Weg ist. Und es ist ja wahr: Flüge zwischen Berlin und Hamburg oder Hannover gehören schon lange der Vergangenheit an und sind heute unvorstellbar. Was nicht wenig mit den seit 30 Jahren geänderten politischen Verhältnissen zu tun hat. Und natürlich auch den ausgebauten Strecken.

Vor diesem Hintergrund lässt aufhorchen, dass Eurowings im Juni die Verbindung von Berlin-Tegel (TXL) nach Nürnberg (NUE) einstellen wird. Die Luftlinie zwischen beiden Airports beträgt 374 km (Quelle: luftlinie.org).

Wer mit uns vor zwei Wochen im ICE-Sprinter nach Nürnberg mitgefahren ist, weiß, dass bei der planmäßigen Fahrzeit von 2:51 h von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof noch Luft ist. Dies mag aus guten Gründen der Fahrplanstabilität geschuldet sein. Auch wenn man dem Argument, dass die Flughäfen ja „jwd“ seien und die Bahn von City zu City fahre, nicht folgen mag (denn nicht jeder beginnt oder beendet seine Reise zwingend in der Nähe eines Hauptbahnhofs), so ist die Reisezeit auf der Schiene in dieser Relation natürlich absolut konkurrenzfähig.

Aber wie sieht die Realität aus? Z. B. am Montag, dem 03.06.2019?

Da bietet Eurowings gerade mal zwei (!) Flüge von und nach NUE an. Bei Einsatz eines Airbus A320 sind das 360 Plätze in jeder Richtung. Mit Fug und Recht wird man sagen dürfen, dass das für das Flugzeug ein Nischenmarkt ist. Natürlich auch ein Ergebnis der Neubaustrecke, denn zu Zeiten Air Berlins war die Frequenz ein wenig höher.

Ganz anders München (Luftlinie 480 km): Nach MUC gibt es am 03.06.2019 28 Verbindungen! 16 davon bietet die Lufthansa an (sicher mit einem relevanten Anteil an Umsteigern auf ihrem Drehkreuz MUC), drei die Lufthansa-Tochter Eurowings und neun EasyJet. Bei Einsatz des Standardflugzeugs A320 sind das gut 5.000 Sitze, die auf die Bahn zu verlagern wären. Ob dafür gegenwärtig genügend Züge zur Verfügung stünden? Vermutlich nicht.

Und der Preis?

Der Sprinter ICE 1003, der planmäßig um 08:05 Uhr Berlin Hbf. verlässt (am 03.06. wegen Bauarbeiten bereits eine halbe Stunde früher) und München Hbf. um 12:03 Uhr erreicht, kostet 153 € (Flexpreis 2. Kl.; Sparpreise nicht mehr im Angebot). Wer sich dagegen für LH 2031 entscheidet, verlässt TXL um 09:00 Uhr und landet in MUC um 11:05 Uhr. Dafür bezahlt er oder sie 109,18 € in der Economy – und zahlt, das nur nebenbei, keine Steuern auf Kerosin.

Es würde natürlich den Rahmen dieses Zwischenrufs sprengen, auch noch auf notwendige Betrachtungen wie Infrastrukturkosten, die steuerliche Belastung der beiden Verkehrsträger (wie oben angedeutet) oder die Verursachung externer Kosten (also Kosten, die die Allgemeinheit bezahlt, nicht der Verkehrsträger selber. Bsp.: Umweltschäden) einzugehen. Gerade die sog. „Internalisierung externer Kosten“ ist der Versuch, bis dato von der Allgemeinheit getragene Kosten dem Verursacher zuzurechnen. Wie man sich vorstellen kann, ist das nicht leicht zu bewerkstelligen, würde aber die „echten“ Kosten des Verkehrsträgers widerspiegeln.

Was man aber leicht auch bei oberflächlicher Betrachtung sieht:

Bis zum Verzicht auf den innerdeutschen Flugverkehr ist es noch ein weiter Weg! Und wenn wir den Klimaschutz ernstnehmen, wird es ohne drakonische Maßnahmen, nach Ansicht des Autors übrigens auch beim Auto, in Anbetracht der nach Expertenmeinung wenigen zur Verfügung stehenden Zeit nicht gehen!

Übrigens, auf unserer Vorfeldrundfahrt auf dem Nürnberger Flughafen sahen wir einen Jet von Lufthansa Regional ankommen. Startort war München. Das sind 137 km Luftlinie. In Anlehnung an ein früheres Magazin im ZDF: „Noch Fragen, Kienzle?“, „Nein, Hauser!“.