Ein Zwischenruf zum Deal „Finanzhilfen gegen Umweltschutz“

„In Frankreich wird gerade Lufthansas größer Albtraum wahr“ titelte jüngst das Portal businessinsider.de. Was verbirgt sich hinter dieser drakonisch anmutenden Überschrift?

Das Portal berichtet, dass die französische Regierung erwarte, dass Air France die nachhaltigste Airline der Welt werden soll, wenn sie Finanzhilfe vom Staat in Anspruch nimmt. Erreicht werden soll das mit einer weniger CO2-emittierenden Flotte, klimaneutralem Treibstoff und, man höre und staune, einer drastisch reduzierten Zahl von Inlandsflügen.

Weniger CO2 gegenüber der Ist-Situation mag erreichbar sein, wenn die Flotte hinreichend modern ist. Beim klimaneutralen Treibstoff wird es schon sehr viel schwieriger, denn diese Treibstoffe sind auf absehbare Zeit in großer Menge nicht verfügbar. Wer sie in großer Menge einsetzen wollte, müsste sofort die Frage beantworten, ob man auf gegebener weltweiter Ackerfläche Pflanzen anbaut, um die wachsende Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen oder für einen vergleichsweise kleinen Teil der Menschheit Treibstoffe? Und das „E-Flugzeug“ ist aus heutiger Sicht kurz- bis mittelfristig keine Option.

Interessant ist hier insbesondere der dritte Punkt, nämlich die drastische Reduzierung der Inlandsflüge. Das Portal berichtet, dass „… überall dort, wo die Bahn eine Strecke in zweieinhalb Stunden schafft, die Air France in einer Stunde geflogen wäre, dürfe das Flugzeug nicht mehr das Verkehrsmittel der Wahl sein.“ Innerfranzösisch solle nur fliegen, wer ein Ticket für einen interkontinentalen Weiterflug besitzt. Ob Air France dann noch ein wirtschaftliches Interesse daran hat, ihre Interkont-Fluggäste in der Provinz einzusammeln, darf man bezweifeln. Sicher stünden dann Easy, Ryan & Co. sehr gerne bereit.

Nun hat Frankreich im Vergleich mit Deutschland ein sehr gut ausgebautes Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsnetz mit Ausrichtung auf das Zentrum des Landes: Paris. Nach Bordeaux sind es knapp 600 km, der TGV benötigt dafür, non-stop, gute 2 Stunden. Nach Marseille, knapp 800 km, sind es 3h 15 min und nach Strasbourg, rund 500 km entfernt, 1h 45 min. In der Struktur des Landes sind Frankreich und Deutschland nicht vergleichbar. Und dennoch, man stelle sich vor, Infrastrukturfragen mal außen vor gelassen, die Deutsche Bahn ließe auf dem Weg von Berlin nach Rhein-Ruhr Städte wie Hannover, Bielefeld und Dortmund fahrplanmäßig aus. Vom „Berliner Vorort“ Wolfsburg reden wir da mal nicht … Oder nach Süden: Halle (Saale), Erfurt oder womöglich Bamberg? Da dürfen wir froh sein, dass nicht jeder nordwärts gehende ICE in Wittenberge Halt machen muss … Und um nicht missverstanden zu werden: es gibt bei uns sicher gute Gründe, in Umsteigeknoten wie Hannover und neuerdings Erfurt auch zu halten! Da sind beide Länder eben nicht vergleichbar.

Es wird spannend sein zu beobachten, ob der politische Ansatz in unserem westlichen Nachbarland tatsächlich ganz oder teilweise Realität wird. Und natürlich bleiben Fragen offen, zum Beispiel die, wie oben bereits erwähnt, ob die „Billigflieger“ nicht sofort gerne in diese Lücken springen würden? Denn das sie genau diese Märkte profitabler bedienen können als die traditionellen Carrier, hat die Vergangenheit bewiesen. Dennoch bleibt es ein interessanter Ansatz, der zeigt: die Krise setzt auch Ideen und Kräfte frei, die vor kurzem noch als unrealistisch galten.